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Sollten Jungs in unserem Alter nicht andere Sachen im Kopf haben?«
»Bestimmt, an welche denkst du?«
Ich dachte an meine aussieBum (die blaue) und musste schmunzeln.
»Darf ich an deinem Lächeln teilhaben?«
»Theoretisch schon, aber ich würde ungern aus unserer Tradition ausbrechen.«
»Wir haben eine Tradition miteinander?«
»Wusste ich auch nicht, aber jetzt gerade kommt es mir so vor.«
»Welche?«
»Stell mir nochmal deine Frage von eben.«
»Die mit dem Lächeln?«
»Ja, die.«
»Äh, muss ich sie exakt wiederholen?« Es klingelte.
»Der Sinn sollte nicht entstellt werden, um mit Frau Wolters wortn zu sprechen.«
»Warte, ich glaube, ich krieg das hin.«
»Dann mal los, wir müssen nämlich.«
»Darf ich an deinem Lächeln teilhaben? Richtig?«
»Richtig, das war sie. Aber das willst du nicht hören, und das ist die Tradition.« Wir lachten beide und gingen in den Unterricht.
Mom würde nun sicherlich bald aus der Pension kommen. Ich hatte ihr Zeit für die ganz lange Pause gelassen. Und ich hatte Hunger. Endlich mal wieder.
5 | Spessart
Mom kam zu mir, als ich immer noch auf dem Rücken lag und die Sonne auf mich scheinen ließ. Sie stellte sich neben mich und warf so ein Stück Schatten. Dann setzte sie sich lautlos. Ich drehte meinen Kopf, blinzelte zu ihr nach oben und stellte fest, dass sie mich nicht anschaute. Ähnlich wie ich zuvor, schaute auch sie auf den Fluss. Ich setzte mich auf.
»Hast du dich ausgeruht?«, fragte ich sie.
»Ja, es ist herrlich ruhig hier. Ich bin fest eingeschlafen und noch ein wenig verknittert. Als ich aufgewacht bin, dachte ich, ich hätte Stunden geschlafen. Aber so lange war es wohl gar nicht.«
»Für mich gerade lange genug, um zu denken, dass du jetzt bald kommen könntest.« Sie roch wie immer nach Iriscreme, dafür hatte die Zeit also noch gereicht. Als ich klein war, habe ich vor Glück über den zauberhaften Geruch meine Nase oft ganz tief in ihre Haut gedrückt. Ich glaube, sie mochte das auch. Heute mache ich das natürlich nicht mehr, obgleich ich noch immer Lust dazu hätte.
»Hier bin ich«, hörte ich sie sagen. Was mich ein wenig aus ihrem Geruch riss.
»Gibt es schon einen Plan, wie es weitergeht?«, wollte ich wissen. »Ich für meinen Teil hätte Hunger.«
»Hunger? Das höre ich ja ganz selten von dir. Kann es sein, dass du in der letzten Woche etwas zurückhaltender mit der Nahrungsaufnahme warst?«
»Ich wollte deine Haushaltskasse entlasten.«
»Wie aufmerksam von dir. Worauf hast du denn Lust?«
»Keine Ahnung. Hier im Spessart gibts bestimmt halbe Hirsche mit Birnen, Preiselbeeren und Kroketten. So was vielleicht.«
Mom musterte kritisch meinen Bauch. »Wenn da ein halber Hirsch rein soll, wird dich Max nächste Woche nicht wiedererkennen.«
Theatralisch schrie ich auf und ließ mich wieder rückwärts auf den Boden fallen. Mom blickte fragend auf mich runter.
»Aua«, japste ich vor mich hin. »Ich hatte gerade einmal nicht an ihn gedacht.«
»Entschuldigung«, sagte Mom. »Es ist schon so lange her, dass ich 15 war. Ich muss mich erst wieder in die Empfindlichkeit dieser Lebensphase einfühlen.«
»Zurückhaltend mit der Nahrungsaufnahme, Empfindlichkeit dieser Lebensphase
(Fortsetzung folgt)