24. März 2023, 06:00 Uhr

Fußball

Vor dem Hessenliga-Derby: Erdinc Solak und Kian Golafra im lustigen Rededuell

Erdinc Solak und Kian Golafra zählen zum Besten, was der heimische Fußball in den letzten Jahrzehnten hervor gebracht hat. Die beiden Kapitäne im offenen Interview vor dem Hessenliga-Derby.
24. März 2023, 06:00 Uhr
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Von Sven Nordmann
Erdinc Solak (r.) ist Kapitän des FSV Fernwald. (Foto: Oliver Vogler (Oliver Vogler))

In elf Fragen erklären Erdinc Solak, Spielführer des FSV Fernwald, und Kian Golafra, Kapitän des SC Waldgirmes, darüber, wen sie gerne vom Gegner verpflichten würden, wann die Fußball-Hessenliga-Saison ein Erfolg ist und ob es für sie vorstellbar ist, die Karriere in ähnliche Längen zu ziehen wie der 43-jährige Gino Parson.

Das lockerleichte Doppel-Interview vor dem Mittelhessen-Derby (15 Uhr, in Steinbach) zwischen dem Tabellenvierten aus Fernwald und dem Tabellenelften aus Waldgirmes.

? Herr Solak, Herr Golafra, was schätzen Sie an ihrem Gegenüber?

Erdinc Solak: Seine Siegermentalität! Kian will immer gewinnen und ist mit 100 Prozent dabei. Ich habe mit ihm in Fernwald und Watzenborn-Steinberg zusammengespielt. Er ist einer von denjenigen, die es ganz oder gar nicht machen. So einen brauchst Du in Deiner Mannschaft.

Kian Golafra: Fußballerisch schätze ich seine technische und kreative Qualität. Erdinc bringt etwas mit, das kein Standard ist. Er ist einer von denjenigen, wegen denen wir zum Fußball kommen. Du brauchst diese genialen Gesichter. Und: Obwohl er älter wird, ist er in einer immer besserer Verfassung! Er trägt Fernwald in den letzten Jahren zu einem großen Teil.

? Woran könnte Ihr Gegenüber arbeiten?

Erdinc Solak: An seiner Schnelligkeit! (lacht) Das wird in dem Alter allerdings schwierig...Kian ist zudem wie ich einer, der gerne mal meckert. Er könnte ein bisschen ruhiger werden.

Kian Golafra: Definitiv an seinem Defensivverhalten! Und an seinem Temperament, das impulsiv ist und auf dem Platz auch mal über das Ziel hinausschießt.

? Warum gewinnen Sie das Derby am Samstag?

Erdinc Solak: Weil wir in den letzten Jahren alle Derbys gegen Waldgirmes gewonnen haben. Vielleicht liegt uns dieser Gegner einfach...Wenn wir gewinnen, schmeckt das Weizen im Sportheim noch besser. Ich finde diese Kultur wichtig: Als kleinerer Verein das Familiäre beizubehalten. Wir Spieler bekommen Essen, trinken und quatschen danach noch ein bisschen im Vereinsheim. Da werden sicher auch einige Jungs aus Waldgirmes dabei sein: Kian, Natnael Tega, Oliver Schmidt...

Kian Golafra: Weil wir nach einigen verkorksten Derbys endlich einmal unsere Power und Qualität, die wir besitzen, auf den Platz bringen wollen. Wir sind qualitativ gar nicht weit auseinander, auch wenn wir in der Tabelle deutlich weiter hinten stehen. Wenn wir gewinnen, werde ich Erdinc einen Spruch drücken und ihn auf ein Bierchen einladen. Im Sportheim werde ich nach dem Spiel sowieso einmal vorbeischauen. Das gehört sich so.

? Welchen Spieler würden Sie gerne vom Gegner verpflichten?

Erdinc Solak: Tatsächlich Kian! Er ist ein Siegertyp, dirigiert gut und ist sehr ballsicher. Das gibt einer Mannschaft Sicherheit. Ich denke gerne an unsere gemeinsame Zeit in Fernwald zurück. Damals waren wir ein junges Team unter Daniyel Bulut, das Erfolg hatte. Wir hatten Michael Bodnar im Team. Der war so ein witziger Typ. Ein positiv Verrückter!

Kian Golafra: Ich würde gerne zwei Spieler verpflichten: Louis Goncalves und Erdinc! Louis bringt etwas mit, das uns in dieser Saison leider etwas fehlt. Er hat eine sehr gute Spieleröffnung und eine hohe Spielintelligenz. Erdinc kann Spiele im Alleingang entscheiden.

? Wo liegt die größte Schwachstelle des Gegners an diesem Samstag?

Erdinc Solak: Die haben mehr Druck als wir. Für Waldgirmes ist es wichtiger, zu gewinnen.

Kian Golafra: Bei Fernwald fehlen zwei wichtige Stammspieler. Diese fehlende Eingespieltheit in der Abwehr wollen wir ausnutzen und die Defensive aushebeln.

? Was bedeutet ein Derby für Sie?

Erdinc Solak: Dass viele Zuschauer kommen! In Mittelhessen will jeder die Nummer eins sein. Das ist einfach so. Es ist immer etwas Besonderes, gegen Freunde zu spielen, die Du kennst. Wenn Kian mich umgrätscht, ist das nicht so schlimm, wie wenn es ein fremder Spieler tut.

Kian Golafra: Emotionen! Als ich angefangen habe, waren es noch meist 800 bis 1000 Leute, die als Zuschauer dabei waren. Das ist heute leider nicht mehr so. Trotzdem verbinde ich mit Derbys Emotionen, einen großen Zuschauerandrang und Freundschaften. Ich mag das. Du kannst im Nachgang viel diskutieren. Vor allem, wenn man gewinnt, ist das ein gutes Gefühl.

? Wann war die Saison für Sie ein Erfolg?

Erdinc Solak: Wenn wir am Ende unter den ersten Drei stehen. Jetzt sind wir schon mal da oben. Dann wollen wir da auch bleiben. Die Relegation wäre etwas ganz, ganz Besonderes für den Verein. Ob es soweit kommt...Den ersten großen Erfolg haben wir mit den 50 Punkten ja schon erreicht.

Kian Golafra: Wenn wir jetzt schnellstmöglich die Kurve kriegen und nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Mehr ist in dieser Saison nicht mehr möglich - auch wenn mir die Gründe unerklärlich sind. Wir sind eine erfahrene Mannschaft. Die Ausfälle lasse ich nicht gelten. Diese Saison heißt es einfach: Mund abputzen und weitermachen.

? Was bedeutet der Fußball für Sie mittlerweile?

Erdinc Solak: Einen schönen Ausgleich. Dadurch, dass ich zwei Kinder habe, hat sich alles relativiert. Es tut gut, für ein paar Stunden abschalten zu können. Es macht mir einfach Spaß.

Kian Golafra: Noch viel, aber längst nicht mehr so viel wie vor einigen Jahren. Spätestens, wenn Du Familie hast, wird Dir bewusst, dass Fußball zweitrangig ist. Trotzdem schätze ich diesen Sport sehr: Es ist ein klasse Ausgleich zum Job. Wenn Du Fußballer aus Leidenschaft bist, liebst Du den Wettkampf. Ich sehe das pragmatisch. Der Sinn des Spiels ist es, zu gewinnen. Ich versuche, dem Sinn nachzugehen und ihn zu erfüllen: Ich will gewinnen. Ich habe keinen Spaß, wenn ich verliere.

? Was heißt es für Sie, Kapitän zu sein?

Erdinc Solak: Mit Leistung vornewegzugehen. Das heißt, oft gut zu spielen! (lacht) Es gibt Spieler, die führen auch ohne Binde. Aber als Kapitän hat es schon eine Aussagekraft, wenn ich grätsche. Für junge Spieler kann das ein Signal sein. Ich habe eine Vorbildfunktion, die ich gerne annehme.

Kian Golafra: Verantwortung zu übernehmen, wenn es mal nicht läuft. Das heißt, Dinge anzusprechen, die unangenehm sind, Missstimmungen aufzulösen. Sich nicht zu verstecken. Das hat mich schon immer gereizt. Ich war auch in der Jugend öfter Kapitän. Durch meinen Willen zu gewinnen, habe ich andere automatisch angetrieben, mitzumachen. Ich akzeptiere es nicht, wenn andere nicht diese Bereitschaft an den Tag legen.

? Ist es für Sie vorstellbar, so lange wettkampfmäßig Fußball zu spielen wie Gino Parson mit 43 Jahren?

Erdinc Solak: Das wäre ein Traum! Auf jeden Fall. Es gibt nicht mehr viele Spieler, die in diesem Alter noch so aktiv sind. Ich höre erst auf, wenn ich merke, dass es nicht mehr reicht.

Kian Golafra: (lacht) Das ist völlig wahnsinnig und für mich nicht vorstellbar. Neutral betrachtet, muss man aber sagen: Wenn man Gino wöchentlich erlebt so wie ich, dann musst Du einräumen, dass er noch wirklich fit ist. Er entspricht nicht dem Alter, das auf dem Papier steht.

? Was lieben Sie am Fußball nach all den Jahren?

Erdinc Solak: Abgesehen von den Siegen am meisten, einfach nicht nachzudenken und befreit zu spielen. Du gehst auf den Platz und bist fokussiert.

Kian Golafra: Das tägliche Messen und den Wettkampf. Der Fußball schafft es wie keine andere Sportart auf dieser Welt, so viele Menschen in seinen Bann zu ziehen.



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