12. November 2019, 20:16 Uhr

Mut mit dem Leben bezahlt

12. November 2019, 20:16 Uhr
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Aus der Redaktion
Zur Gedenkfeier ist das Mahnmal für die Opfer des Holocaust hell erleuchtet - solch dunkle Zeiten sollen nie wieder vorkommen.

Zu einer etwas anderen Art der Gedenkfeier konnte Gudrun Friedrich vom Arbeitskreis »Jüdisches Leben in Echzell« am Abend des 9. November zahlreiche Besucher im Pfarrsälchen begrüßen. Nicht nur das Erinnern an die Reichspogromnacht vor 81 Jahren, sondern auch das gemeinsame Feiern und Kennenlernen ließen diesen Abend zu etwas Besonderem werden.

Gebannt lauschten die Zuhörer der von Dr. Christian Becker erzählten Familiengeschichte einer Echzeller Zeitzeugin, die als Kind die Geschehnisse um die Pogromnacht über das Schicksal ihres 17-jährigen Bruders miterlebt hatte. Dessen Eintreten für die mit seinen Eltern befreundete jüdische Familie von Adolf Simon aus Bisses und sein Versuch, den Mob daran zu hindern, deren Wohnung zu plündern, endete für ihn mit Straflager und schließlich frühzeitigem Einzug an die Ostfront, wo er vermutlich 1943 unter ungeklärten Umständen erschossen wurde.

Auch die von Kantorin Leah Frey-Rabine erzählten jüdischen Geschichten zogen die Zuhörer in ihren Bann. Dass jüdische Gastfreundschaft als ein Gebot gelebten Glaubens verstanden und geradezu offensiv angetragen wird, zeigten die Geschichten aus der durch die Schoah zerstörten Welt der osteuropäischen Juden eindrucksvoll, aber auch auf witzige Weise als besonderes Beispiel für den jüdischen Humor. Diesen kennenzulernen, war sicher für viele Anwesende eine besondere Erfahrung.

Frey-Rabine gelang es zudem, viel Wissenswertes über den jüdischen Glauben anschaulich zu erläutern. Gemeinsames Singen und schließlich die Feier eines jüdisches Rituals (Hawdalah), welches das Ende des Schabbats und den Anfang der neuen Woche markiert, beendeten den geselligen Teil des Abends. Im Anschluss an die Kernzeremonie, während der Wein, Gewürze, Licht und der Übergang vom Heiligen ins Alltägliche gesegnet wurden, wurde am Mahnmal für die Opfer des Holocaust gebetet.

Vor erneuten Übergriffen gewarnt

In sehr eindrücklichen Worten erinnerte Pfarrerin Alrun Kopelke-Sylla an die Ereignisse der Vergangenheit, warnte zugleich aber auch vor den erneuten Übergriffen auf jüdische Mitbürger. Im Anschluss sang und sprach Frey-Rabine das Totengebet und das Kaddisch der Trauernden.

So endete ein Abend, bei dem das Gedenken ergänzt wurde durch das Kennenlernen jüdischer Bräuche und Sitten, insbesondere durch die gemeinsame Erfahrung von Gastfreundschaft. Dadurch konnte die gegenseitige Wertschätzung sicherlich vertieft werden. (Foto: Dr. Christian Becker)



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