Noch immer sind Frauen weltweit Opfer von männlicher Gewalt. Sie sind Opfer von Kriegen, von Vergewaltigungen, sind Hungernde, Witwen, trauernde Mütter und Großmütter. Der Iran ist eines der Länder, in denen die Situation von Frauen seit dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini weltweit wieder in den Fokus gerückt ist. Damit befasst sich der Alsfelder Weltladen in einer Sonderaktion.
Amini starb am 16. September 2022 in einer Klinik an Folgen eines Angriffs durch die Sittenpolizei. Seitdem erschüttern starke Proteste das Land und die restriktive Regierung des Mullah-Regimes. Im Zuge der Proteste hat sich eine neue Bewegung gebildet, die von der starken Solidarität unter Frauen geprägt ist: So legen viele Frauen und Mädchen täglich ihre Kopftücher ab, blockieren die Straßen, rufen die Parole »Jin. Jiyan. Azadi« (Frau. Leben. Freiheit), singen und tanzen und fordern die Umstehenden auf, sich ihnen anzuschließen.
Schmuck von Handwerkerinnen
Dieses Motto hat sich in diesem Jahr der Alsfelder Weltladen zu eigen gemacht. Zum Internationalen Frauentag möchte er mit dem Verkauf von Ornamentschmuck von Handwerkerinnen aus dem Iran die Frauen vor Ort wirtschaftlich unterstützen und sich solidarisch zeigen.
»Wir arbeiten hier mit ›Papital‹ zusammen, einem Künstlerkollektiv, das von der Faszination für die iranische Ornament- und Fliesenkunst getragen wird sowie von dem Wunsch, dieses traditionelle Kunsthandwerk mit der Moderne in Verbindung zu bringen«, erläutert Sabine Kehm vom Weltladen am Marktplatz.
In Zusammenarbeit mit der gemeinnützigen Organisationen Ghalb-e Sefid (Weißes Herz) bietet Papital Workshops an, in denen benachteiligte Frauen das Kunsthandwerk erlernen und für sich und ihre Familien ein zusätzliches Einkommen generieren können. Papital versucht mit viel Engagement, die Lebensbedingungen vor Ort zu verbessern und die Restriktionen zu umgehen. Wie die anderen Mitglieder des Ladenteams ist Kehm fasziniert von den Mustern der Schmucktücke, die in Alsfeld eintreffen.
So sagt sie, »die iranische Kunst der Ornamentik ist überaus komplex, auch im mathematischen Sinne: Durch die Aneinanderreihung geometrischer Formen werden Muster geschaffen, die sich bis ins Unendliche fortführen lassen.« Leuchtende Blau- und Türkistöne symbolisieren den Himmel und sind auf den Schmuckstücken besonders häufig zu finden. Diese Farben sind auch in der religiösen Kunst verbreitet, so in Moscheen.
Einkommen dringend notwendig
Zur Lage ihres Handelspartners im Iran sagt Hildegard Maaß: »Allen im Team geht es gut, allerdings werden durch das Abschalten der üblichen Kommunikationswege auch die Verkaufsmöglichkeiten der kleinen Handwerksunternehmen unterbunden.« Viele der Kleinstbetriebe haben durch die Blockade schon seit mehr als 50 Tagen kein Einkommen verdient. Da sei der Export als bedeutendes Standbein besonders wichtig.
Über den Fairhandelspartner Contigo wickelt der Weltladen seine Einkäufe ab. Bärbel Spohr sagt, Papital soll möglichst gut unterstützt werden. Der Weltladen will den im Iran beschäftigten Frauen durch den Verkauf ihres handgefertigten Fliesenschmucks in Deutschland weiterhin Einkommen sichern, »das sie dringend für ihre Lebenshaltung benötigen.«
Bestechende Schönheit und Farbigkeit
Spohr betont die bestechende Schönheit der Ornamente und die schönen Farben. Neben einem geregelten Einkommen erhalten die von Papital beschäftigten Frauen kostenlose Workshops und Tipps für eine unabhängige Schmuckproduktion. Diese wiederum ist ein sehr traditionelles Handwerk: Die Ton-Stein-Masse muss mehrere Tage an der Sonne trocken, bevor sie glatt geschliffen wird und die Ornamente mithilfe eines speziellen Transferpapiers aufgedruckt und versiegelt werden können.
Die Schmuckstücke kommen als Ohrhänger, Ohrstecker oder Ketten im Weltladen an. Sie werden unter fairen Bedingungen hergestellt und schaffen eine halbwegs sichere Zukunft für die Frauen und ihre Familie. Die Schmuckproduktion unterstützt das Bemühen der Frauen um Gleichberechtigung.