Nach zwei Jahren gastierte der aus Odessa stammende Timur Gasratov erneut in Melchiorsgrund, wo bereits seit Ende 2018 regelmäßig »Weltklasse-Klavierkonzerte« stattfinden. Gasratovs neues Programm: Chopin Pur! - Geht das überhaupt?
Wer soll die Höchstleistungen des berühmten Komponisten, der dafür bekannt ist, Musiker wie Instrument an den Rand des Möglichen zu leiten, über ein gesamtes Konzert erbringen? Und dies dann noch möglichst leicht und spielerisch interpretiert?
Die Antwort: Ein Hochleistungssportler mit dem musikalischen Talent eines Timur Gasratov! Denn neben dem Hauptberuf als Konzertpianist betätigt er sich als Leistungssportler in der Kampfsportart Taekwondo, einer koreanischen Variante des japanischen Karate. Dies erklärt die unglaublich ausdauernde Fokussierung auf die rasantesten Passagen seines Vortrags, der dem geneigten Publikum stellenweise den Atem verschlug. Die anspruchsvolle As-Dur Polonaise op. 53 bildete für den ersten Programmteil den vorläufigen musikalischen Höhepunkt.
Dieser Abschluss der Polonaise-Werke Chopins vereint in sich eine Vielzahl stilistischer und technischer Finessen des Komponisten. Doch nach der Pause ging es direkt noch eine Etage höher, in Bezug auf Dynamik und technische Anforderung beim Vortrag der Études Buch II op. 25. Eine wirkliche Höchstleistung und doch kein »Ergebnis abliefern«, sondern feinste musikalische Kunst ließen die Zuhörer vorbehaltlos staunen:
Das geschieht jetzt hier bei uns in diesem bescheidenen, wenn auch heimeligen Setting? Und wer dachte, nach dem letzten Programmpunkt sei Feierabend, der sah sich getäuscht, aber gerne. Zwei flotte Zugaben, natürlich Chopins, sprudelten nur so aus den Fingern.
Das Publikum war sich einig: Dieser Abend war wieder einmal ganz große Kunst und das hautnah. Wie es dem familiären Setting von Weltklassik in Melchiorsgrund eben auch entspricht.