16. März 2023, 21:20 Uhr

»Können uns den Sprit nicht leisten«

Ein Stau auf der Grünberger Straße in Alsfeld und lange Wartezeiten bei der Kfz-Zulassung des Kreises waren spürbare Auswirkungen eines Warnstreiks am Donnerstag. An die 450 Beschäftigte von Kommunen, Kreisverwaltungen und Behinderteneinrichtungen forderten beim Streik höhere Gehälter.
16. März 2023, 21:20 Uhr
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Von Joachim Legatis
An der Kundgebung in Alsfeld zum Warnstreik im öffentlichen Dienst beteiligen sich an die 450 Beschäftigte. FOTO: JOL

Es war eine lautstarke Demonstration, als am Donnerstag an die 450 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in einer langen Kolonne die Grünberger Straße in Alsfeld hinabzogen. Bei der Kundgebung zur laufenden Tarifrunde erinnerten Rednerinnen und Redner auf dem Marktplatz anschließend an die hohe Inflation und stark steigende Preise. Das mache die Forderung nach 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro, zur Notwendigkeit.

Die Demonstration und die Kundgebung der Gewerkschaft Verdi waren Teile eines Warnstreiks in vielen Verwaltungen und sozialen Einrichtungen. Wenn es zu keiner Einigung mit den Arbeitgebern kommt, sollen die Streiks massiv ausgeweitet werden, wie Natalie Jopen, stellvertretende Landesleitung Verdi Hessen, sagte. Treffpunkt für den Demonstrationszug durch die Stadt war an der Hessenhalle. Ein Gutteil der Teilnehmer kam mit Bussen aus Hanau und aus den umliegenden Kreisen. Aus dem Vogelsbergkreis waren Mitarbeiter der Kreisverwaltung dabei, so war die Zulassungsstelle nur eingeschränkt geöffnet, wie die Kreisverwaltung mitteilte. Beschäftigte aus Vogelsberger Städten und Gemeinden reihten sich in den Zug über die stark befahrene Grünberger Straße ein. Mit dabei waren auch Beschäftigte von Behinderteneinrichtungen aus dem Main-Kinzig Kreis, von den Schottener Sozialen Diensten und von Kompass Leben.

Mit Trillerpfeifen, Ratschen und Sound von einer Musikanlage im Bollerwagen war der Demonstrationszug schon von Weitem zu hören. Manche Teilnehmerin hatte ihr Kind mitgenommen, das mit Gehörschutz ausgestattet war. Die Verkehrseinschränkung auf der Einfallstraße nach Alsfeld hielt sich in Grenzen, einspurig zog man unter Polizeischutz zum zentralen Platz der Stadt.

Natalie Jopen fasste dort die zentralen Forderungen zusammen. So gehe es um gerechte Bezahlung für eine Arbeit, die der ganzen Gesellschaft zugutekomme. Die Beschäftigten seien »im täglichen Einsatz für lebens- und liebenswerte Kommunen«. Auf dem Hintergrund einer starken Inflation sei die Forderung nach 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens 500 Euro, gut begründet. Das sei besonders wichtig für die unteren Gehaltsgruppen.

Abwandern in die Wirtschaft

Wenn 100 Milliarden Euro zusätzlich für Rüstung da sind, müssten auch 15 Milliarden für bessere Gehälter machbar sein. Als »Sauerei ohnegleichen« bezeichnete Jopen den Verzicht auf eine Übergewinnsteuer bei Minderalölkonzernen. Bessere Gehälter seien auch wichtig, um wieder konkurrenzfähig zur Privatwirtschaft zu werden. Es sei schwer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Das Angebot der Arbeitsgeber in der jüngsten Verhandlungsrunde sei »ein Hohn«, so Jopen. Sie wollten nur geringe Lohnsteigerungen, verteilt auf zwei Jahre und Einmalzahlungen. »Dauerhafte Preisteigerungen müssen mit dauerhaften Lohnerhöhungen ausgeglichen werden«, so die Gewerkschafterin. Auch eine Gehaltskürzung bei den Sparkassen könne man nicht hinnehmen.

Das unterstützte Christian Stapler von der Vogelsberger Kreisverwaltung. »Die beste Investition kann nur in das Personal sein.« In Corona-Zeiten habe sich gezeigt, wie gut die Verwaltung arbeite. Nun wechselten Beschäftigte in die freie Wirtschaft, wo sie mehr verdienen. Markus Grothe vom Behindertenwerk Main-Kinzig nannte die Gehaltserhöhung »dringend notwendig«. Die Beschäftigten sorgten dafür, dass Menschen gut betreut werden. Doch inzwischen sehe es so aus: »Wir können uns die Spritkosten kaum noch leisten, um zur Arbeit zu kommen«. Andreas Kegelmann von den Stadtwerken Hanau verwies auf die Beschäftigten in den unteren Lohngruppen, die besonders unter den gestiegenen Preisen leiden. Dabei gehe es zusätzlich darum, den hessischen Sonderweg beim Gehaltstarif zu beenden.

Eine Solidaritätserklärung mit den Streikenden kam von der DKP Vogelsberg. Mit einem Lob an die Polizei endete die Kundgebung. »Das hat super geklappt«, so Boris Bogojev von Verdi.



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