Stefan Krauss, Garten- und Landschaftsbauer in Lauterbach, ist kein Freund von Steinwüsten, aber man müsse durchaus Unterschiede machen. Er verweist auf die Landesbauordnung, wonach heute schon Schottergärten verboten werden können. Es sei aber fraglich, »ob das einer kontrolliert«. Es gebe »Tricks«, wie man etwa öffentliche Plätze oder Kreisverkehre mit Steinmaterial belegen kann, ohne den Grundstein für eine Ökowüste zu legen.
Man müsse den Boden vor der Bepflanzung etwas »abmagern« und dann eher anspruchslose Pflanzen einbringen, wie es sie etwa in den Alpen gibt, oder auch Eiben oder Buchsbaum. »Dann kann man die Erde mit Lava- oder Kalkschotter bedecken, das ist fast wie Rindenmulch.« Den entscheidenden Unterschied macht der Experte deutlich: »Es darf kein Vlies darunter!« Damit wird der Boden versiegelt, die Fläche ist tot.
Krauss wehrt sich nicht dagegen, auch bei Privatleuten auf diese Weise Steine im Garten einzusetzen, die könnten etwa für Eidechsen attraktiv sein. »Und der Mensch freut sich, wenn man Küchenkräuter reinsetzt, von denen ich ernten kann.« Von reinen Schottergärten hält er nichts: Nach zwei bis drei Jahren fange die Arbeit an, neben Unkräutern »kann man dann noch Zigarettenkippen oder Papierschnipsel rausklauben«. Mit einem Staudenbeet oder einer Blumenwiese habe »man deutlich weniger Arbeit«. Wichtig sei eine geschlossene Bodendecke, »und wo noch nichts wächst, da kann solange Rindenmulch hin«. Industrie und Baumärkte würden aber die entsprechenden Produkte intensiv bewerben, »die wollen das gern verkaufen«.
In Homberg verschönert Garten- und Landschaftsbauer Manfred Eder viele Flächen für Firmen oder Privatleute. Auch er sieht mit Sorge den Trend zu Schottergärten, »wenn ich etwa in Neubaugebieten in Amöneburg oder Schweinsberg unterwegs bin«. Das nehme inzwischen »ziemliche Auswüchse« an, Böden würden auf diese Weise auf Jahre hin zerstört. »So was machen wir auch nicht.«
Dennoch spricht auch er von »feinen Unterschieden«. Es gebe auf der einen Seite die Schottergärten »mit einem Formgehölz darauf«. Auf der anderen Seite Kiesgärten, »die sehen ganz anders aus«. Dort könne man üppige Bepflanzungen vornehmen, und auch er preist Steinhaufen als sinnvoll im Garten. Auch die in Mode gekommenen Drahtkörbe mit Steinen könnten für Tiere von Nutzen sein, »wenn sie eine Erdanbindung haben«.
Man solle bei sogenannten Kiesgärten guten Gewissens sagen können, »da sind noch zu 70 Prozent Pflanzen drin«. Er rät auch, sich von einem bestimmten Ordnungsbegriff im Garten zu verabschieden, »das muss nicht so ordentlich sein. Aber die Leute wollen im Herbst gern mit dem Garten fertig sein«. Eder, der gelernter Staudengärtner ist, hat noch einen Rat: »Mit Stauden kann man so viel Schönes machen.«
Mit dem Begriff »Schottergarten« sind Gartenflächen, zumeist Vorgärten, gemeint, die mit Folie oder Vlies und anschließend Schotter, Splitt, Kies oder Mulchmaterialien wie Rindenmulch oder Holzhackschnitzel bedeckt werden und die keine oder nur eine spärliche Bepflanzung aufweisen. »Viele Grundstückseigentümer hoffen, dass sie damit einen Garten mit geringstem Pflegeaufwand erhalten, der ganzjährig ordentlich aussieht und von der Nachbarschaft nicht zu beanstanden ist«, heißt es beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen. Solche Flächen hätten aber negative Auswirkungen auf die Umwelt. Da Niederschlagswasser nur noch zu einem geringen Teil vom Boden aufgenommen wird, könnte es zudem zu einer Überlastung der Entwässerungssysteme und zu Schäden am eigenen Gebäude führen. Darüber hinaus komme Niederschlagswasser nicht dem Grundwasserspeicher zugute.
»An heißen Tagen heizen sich Steine stark auf und geben die Hitze nachts ab. Infolge dessen bleiben die Umgebungstemperaturen auf einem sehr hohen Niveau.« Das könne sich auf gesamte Ortschaften auswirken.
Unbepflanzte Schotter-, Kies- und Mulchflächen seien als Lebensräume für gartenbewohnende Tierarten wertlos. »Sie bieten weder Insekten noch Vögeln Nahrung, Versteck- und Nistmöglichkeiten«, heißt es beim Landesbetrieb.
Langfristig seien die Schottergärten auch nicht pflegeleicht. Bereits nach wenigen Monaten bilde sich Unkraut. Mittelfristig sammelten sich im Schotter oder Kies Staub, Pollen und Laub und bildeten die Grundlage für Unkräuter. »Diese sind in den Gesteinsflächen schwieriger zu beseitigen als auf einer bepflanzten Fläche. Dazu kommen die schwer zu reinigenden Verschmutzungen an den Steinen selbst.«
Mit einem landesweiten Verbot von Schottergärten und Vorgaben für große Glasfassaden will Hessen den Schutz von Insekten und wildlebenden Vögeln verstärken. Die Novelle des Naturschutzgesetzes sieht zudem vor, dass im Offenland auf 15 Prozent der Flächen die Natur mit einem Biotopverbund Vorrang hat. Damit solle der Artenschwund gebremst werden. Ein Schwerpunkt sei der Schutz von Insekten, deren Lebensräume unter anderem durch das Verbot von Schottergärten gefördert werden sollen. In der hessischen Bauordnung sei zwar bereits festgeschrieben, dass Außenflächen möglichst zu begrünen und zu bepflanzen sind. Das Naturschutzgesetz stelle nun klar, dass Schotterungen grundsätzlich nicht zulässig sind. ks