Dieser Tage ging vor der Zweiten Großen Wirtschaftskammer am Gießener Landgericht ein Prozess zu Ende, der zunächst recht spektakulär begonnen hatte. Es war in der Anklage um Untreue in insgesamt 183 Fällen gegange, zwei Männer und eine Frau mussten sich verantworten.
Sie arbeiten noch oder haben auf dem Hof des Vereins der Freien Lebensstudiengemeinschaft Melchiorsgrund bei Schwalmtal gearbeitet. Der Hauptangeklagte hat das sogenannte kulturtherapeutische Dorf einst gegründet und war lange Geschäftsführer. Später wurde er als Geschäftsführer von einem langjährigen Partner abgelöst, der nun ebenfalls vor Gericht stand.
Eine Schadenssumme von rund 260 000 Euro sollte entstanden sein, weil das Geld statt für die Behandlung von suchtkranken Menschen in zweifelhafte Stipendien und ein Hafenprojekt in Georgien geflossen sein sollte. Damit wäre gegen den Vereinszweck verstoßen worden.
Im Rahmen der Zeugenbefragung ergab sich eine sehr verwirrende Gemengelage, Viele Zeugen sagten aus, darunter eine frühere Geliebte des Hauptangeklagten, die mit ihm einen Sohn hat. Sie soll für ihre Mitarbeit in Projekten ein Stipendium erhalten haben, konnte sich aber nur sehr lückenhaft erinnern. Von den Stipendien hatten auch andere Familienmitglieder der beiden angeklagten Männer profitiert.
Nun stellte Richter Jost Holtzmann, der bei den Befragungen sehr viel Geduld bewiesen hatte, das Verfahren gegen Geldauflagen ein. Der 67-jährige Hauptangeklagte muss 9600 Euro zahlen. Der aktuelle Geschäftsführer muss 3600 Euro entrichten. Die dritte Angeklagte muss 3000 Euro zahlen. Immer wieder war während den Verhandlungstagen deutlich geworden, wie groß die Differenzen zwischen den Angeklagten sind und wie undurchsichtig teilweise die wirtschaftlichen Vorgänge gestaltet waren.
Gleichwohl wird wohl vielen psychisch kranken Menschen geholfen, so äußerte eine Frau gegenüber der AAZ, »dass für die Patienten immer Geld da war.« So seien zum Beispiel aus Spenden, die Verstorbene der Einrichtung hinterlassen haben, Führerscheine, Computer oder Fernseher für die Patienten gekauft worden.