Cimiotti gehört zu einer vierköpfigen Gruppe aus Deutschland, die vergangene Woche die Chance hatten, an zwei Flügen im Spezial-Teleskop »Sofia« teilzunehmen. Aus einer umgebauten Boeing 747 der Raumfahrtagenturen NASA und DLR machen Wissenschaftler in 15 Kilometern Höhe Infrarotaufnahmen von Sternen und Gasnebeln, um dem Geheimnis der Entstehung von Sternen auf die Spur zu kommen. Und Cimiotti konnte das neu erworbene Wissen am Montagmorgen gleich in einer 9. Klasse anwenden. Da stellte er die selbst abgelesenen Werte beim Aufsteigen vor, um zu belegen, dass die Lufttemperatur mit zunehmender Höhe auf minus 64 Grad abfällt. Erst in der Stratosphäre in etwa 15 Kilometern Höhe steigt die Außentemperatur auf minus 45 Grad Celsius, »das ist wie im Lehrbuch«, sagt der begeisterte Astronom.
Cimiotti ist am 4. Februar nach Kalifornien geflogen, um nach einer Übernachtung in Los Angeles fünf Tage lang im nahe gelegenen Palmdale einen Crashkurs in Astro-Physik zu erhalten. Dabei kam ihm zugute, dass er sich gut vorbereitet hatte und der Einweisung in die Technik des Fliegers mühelos folgen konnte. Die Boeing 747 ist Kernstück eines auf 20 Jahre angelegten Programms zur Kartierung des Alls, das bislang stattliche 1,5 Milliarden Dollar verschlungen hat. Partner der US-Raumfahrtbehörde NASA ist dabei die deutsche DLR, weshalb immer wieder Leiter von Sternwarten bei jeweils zwei von jährlich 100 Flügen mit aufsteigen dürfen. Cimiotti betreut die Astro-AG der Alsfelder Albert-Schweitzer-Schule und die kleine Sternwarte der Schule.
Beeindruckt war der Lehrer von der wissenschaftlichen Fracht des Sofia-Fliegers. Fest eingebaut ist das Teleskop im hintern Rumpfteil hinter einem Rolladen. »Das ist gleichsam die Linse, und daran kann man sieben oder acht verschiedene Detektoren anschließen – als wären es sieben oder acht Kameras,« erläutert Cimiotti. So hat ein Analysegerät bei seinen zwei Sofia-Flügen die ionisierten Kohlenstoffe von Staubwolken im Orion-Nebel erfasst.
Das Spezialflugzeug, Teleskop und Analysegeräte (Detektoren) sind Einzelanfertigungen, für jeden Detektor steht ein anderes Team an Spezialisten zum Bedienen bereit, wie Cimiotti am ersten Tag erfahren hat. Allein die Sicherheitseinweisung vor dem Flug dauert 90 Minuten. So lernte Cimiotti, wie man die Plastikkapuze überzieht, die man anstelle von Sauerstoffmasken bei einem Druckabfall nutzt. Bereits eine Stunde vor Abflug beginnt die Arbeit an Bord, um alle Geräte zu checken. In 15 Kilometern Höhe fuhr die Crew dann das Rolltor vor dem Teleskop auf, damit die Beobachtung beginnen konnte. Erschwert wurde der erste, rund zehnstündige Nachtflug durch kleine Wolken in der Stratosphäre. Um das wertvolle Teleskop nicht durch Wasserdampf zu beschädigen, flogen die Piloten auf Sicht und schlossen das Rolltor in Wolken.
Besonders fasziniert es Cimiotti, wie flexibel Wissenschaftler sein können. Denn jedes Mal, wenn die Flieger-Crew für einige Minuten das Rolltor des Teleskops schloss, mussten die Messgeräte neu kalibriert werden, um die Messungen fortzuführen. In der zweiten Flugnacht erlebte Cimiotti mit, wie exakt das Teleskop auf das Zielobjekt auch bei Turbulenzen ausgerichtet bleibt. Aufwendige Technik sorgt bei Turbulenzen dafür, das Teleskop auf den selben Pixel auszurichten, nur das Flugzeug wackelt – »das ist beeindruckend,« sagt Cimiotti.
Während der zehnstündigen Flugzeit konnte der Alsfelder Lehrer immer wieder mit den Wissenschaftlern sprechen, wenn sie nicht gerade ihre Geräte neu justierten. »Sie haben sich gefreut, wenn jemand vorbereitet war und Fragen zur Beobachtung stellte,« erinnert er sich. »Da war keine Minute langweilig,« begeistert sich Cimiotti. Komfortabel war es an Bord nicht, so waren direkte Gespräche nur auf kurze Distanz möglich. Denn die Druckkabine mit ihrem Kabelwirrwarr ist nicht gedämmt, die Fluggeräusche sind deutlich stärker als bei einem Passagierflugzeug. Hinzu kommen die lauten Kühler für die Detektoren, weshalb die Mannschaft über Kopfhörer und kleine Mikrophone miteinander im Kontakt steht.
Nach der Abschlussbesprechung blieb für Cimiotti und die drei anderen deutschen Besucher etwas Freizeit. Sie schauten sich in einem benachbarten Naturpark mit seinen Verwerfungen und Canyons um, »das war einfach wunderbar«.