19. November 2019, 05:05 Uhr

Uniklinik Gießen

Gießen: Uniklinik sieht keinen Pflegenotstand - Bald schon bessere Bezahlung?

In der Debatte um den Personalmangel am Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) mahnt die Geschäftsführung zur »Besonnenheit«.
19. November 2019, 05:05 Uhr
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Von Burkhard Möller
Personalmangel in der Pflege herrscht nicht nur am privaten Universitätsklinikum Gießen und Marburg, betont die Geschäftsführung und kündigt eine bessere Bezahlung für »viele Berufsgruppen« an. Foto: Schepp

- Wenn 2,3 Prozent von 1288 Betten vorübergehend nicht belegt werden könnten, »hat das mit einem ›Pflegenotstand‹ nichts zu tun«, erklärte der Vorsitzende der Geschäftsführung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg, Dr. Gunther K. Weiß, am Montag in einer Stellungnahme. Damit reagierte das UKGM auf den Betriebsrat, der den »Pflegenotstand« ausgerufen hatte. In Aussicht stellt die Chefetage des Klinikums eine »Tarifeinigung mit einer neuen, besseren Eingruppierung für viele Berufsgruppen«. Diese Einigung stehe »kurz bevor«.

Für ein Haus wie das UKGM mit 5500 Beschäftigten, jährlich 50 000 stationären und rund 217 000 ambulanten Patienten sei es nicht ungewöhnlich, dass einige Betten nicht belegt werden könnten. »Selbst die größten Kritiker des UKGM wissen das«, betonte Weiß. Ein besonneneres Auftreten in dieser für alle Krankenhäuser in Deutschland extrem schwierigen Situation wäre mehr als angemessen.

Das UKGM stehe nicht allein mit dem Problem des Personalmangels in der Pflege und den Gesundheitsberufen, von dem mittlerweile auch die Universitätskliniken betroffen seien. Mit einer Ausweitung von Anzeigen- und Werbeaktivitäten, einer auf die Pflege zugeschnittenen Imagekampagne und mehreren Bewerberdialogen für Schüler/innen von Abgangsklassen einerseits und für an einem Jobwechsel interessierten Berufstätigen andererseits, habe das Uniklinikum seine Aktivitäten deutlich ausgeweitet. Derzeit in Ausbildung befindliche Krankenpflegeschüler erhielten frühzeitig eine Zusage zur Übernahme in ein Arbeitsverhältnis.

Kommt Landtags-Anhörung?

Nach Einschätzung von Weiß bleibt der Arbeitsmarkt Pflege und Gesundheitsfachberufe noch für längere Zeit »extrem angespannt und der Wettbewerb zwischen den Kliniken ist hoch«. Das UKGM werde sich aber nicht an Abwerbekampagnen für Pflegekräfte beteiligen. »Mit solchen Prämien schädigen sich Kliniken nur gegenseitig und am Ende ist niemandem geholfen«, erklärte Weiß.

Zum Thema wird der Personalmangel auch im Hessischen Landtag. Die Fraktionen von SPD und Linke wollen eine Anhörung mit Betroffenen und Experten durchführen, »um ein Gesamtbild der Situation am UKGM zu erhalten«, teilen der Gießener SPD-Landtagsabgeordnete Frank-Tilo Becher und der Unterbezirk der Partei mit. Becher forderte die Regierungsfraktionen auf, der Anhörung zuzustimmen. Im März 2018 hatten CDU und Grüne eine von der SPD beantragte Anhörung, um nach zwölf Jahren eine Bilanz der Privatisierung zu ziehen, abgelehnt. Becher: »Wir hoffen, dass es bei den Kollegen angesichts der aktuellen Situation einen Sinneswandel gibt.«

Die neue Vorsitzende des SPD-Stadtverbands, Nina Heidt-Sommer, und Becher hatten sich mit dem Betriebsrat des UKGM getroffen. »Der Mangel an Pflegekräften ist eklatant und verschärft die Arbeitssituation für das verbleibende Personal. Wenn Bezahlung und Dienstplangestaltung aus betriebswirtschaftlichen Gründen so schlecht sind, dass sie zur Abwanderung einladen, entsteht eine strukturelle Schieflage. Hier rächt sich die Privatisierung durch die CDU-Landesregierung und geht auf Kosten der Beschäftigten und Patienten«, so Becher zu dem zugrundeliegenden Problem. Dem Klinikum komme mit seinem Versorgungsauftrag und als Zentrum mit zahlreichen Spezialisten eine wichtige Rolle für die Stadt Gießen und gesamte Region zu. Damit sei aber auch eine Verantwortung verbunden, zu der die Schließung von Stationen nicht passe, betonte Heidt-Sommer.



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