Seit 100 Tagen ist Florian Langecker Bürgermeister von Rabenau. Und offensichtlich hat er den Schalter schnell umgelegt: »Nein, überhaupt nicht,« antwortet er auf die Frage, ob er zuweilen noch mit dem Gedanken aufwache, was er denn heute seinen Polizeischülern beibringen werde. Gut, der Sieg bei der Bürgermeisterwahl liegt bereits acht Monate zurück – genug Zeit fürs Gehirn, solch schlaftrunkene Verwirrtheiten zu tilgen.
Nach 18 Jahren Dienst bei der Polizei trat der 37-Jährige am 1. Mai offiziell seinen Dienst als neuer Chef der Gemeindeverwaltung an. Die Vorbereitung aber, so betont er im GAZ-Gespräch, habe schon ein Jahr zuvor begonnen: Im Wahlkampf, als er sich bei Hausbesuchen angehört habe, »was die Bürger von der Verwaltung, vom Bürgermeister erwarten – welche Entwicklung sie sich von ihrer Gemeinde erhoffen.« Jüngst beschlossene Steuererhöhung dürfte nicht dazu gehört haben.
Kommission zur Sanierung des Etats
Zur Vorbereitung dienten Langecker ebenso Fortbildungen wie das Standesamtseminar, Hospitationen in der Gemeindeverwaltung sowie das Studium einschlägiger Gesetze, etwa der Hessischen Bauordnung. Zupass kam dem CDU-Politiker natürlich seine zwölfjährige Erfahrung in Rabenaus Kommunalpolitik.
Der neue junge Chef, Nachfolger von Kurt Hillgärtner (63), musste sich denn auch den meisten Kollegen im Rathaus nicht extra vorstellen. Wie begegneten ihm die neuen Kollegen? »Aufgeschlossen, hilfsbereit, das läuft sehr harmonisch, unproblematisch«, antwortet Langecker. Der für sich einen kooperativen Führungsstil reklamiert. »Ich vertraue auf die Erfahrung und den Sachverstand der Kollegen.«
Darauf zählen konnte er auch Anfang Juni, als ihn – vier Wochen nach Amtsantritt – Mitarbeiter auf die schockierende Haushaltsmisere hinwiesen. Ein Fehlbetrag von 400 000 Euro ward prognostiziert, eine Genehmigung des Etats 2018 stand außer Frage. Der Gemeindevorstand mit dem Bürgermeister an der Spitze präsentierte eine Vorlage mit Schockpotenzial: Die Grundsteuer sollte von 450 auf den Rekordwert von 770 Prozent steigen.
Rabenau noch immer nicht »haushaltstechnisch handlungsfähig«
Als »Kompromiss« beschloss der Gemeinderat »nur« 660 Prozent, erhöhte dafür aber zusätzlich die Grundsteuer A von 290 auf 400 Prozent und die Gewerbesteuer von 380 auf 400 Prozent. »Haushaltstechnisch handlungsfähig« aber ist Rabenau damit noch immer nicht: Geschätzte 100 000 Euro fehlen zum Ausgleich. Jüngst bestätigte Minderung der Kreisumlage um 1,05 Prozent hat dem Kämmerer eine unerwartete Wenigerausgabe von 60 000 Euro beschert. Eine Kommission sucht jetzt nach Wegen, die verbleibende Lücke mit Einsparungen zu schließen.Zur Erinnerung: Ohne genehmigten Etat aber sind keine Neuinvestitionen und auch keine freiwilligen Leistungen (außer bei vertraglicher Bindung) erlaubt.
Was nicht nur für die Finanzkrise gilt: Langecker lobt das gute Zusammenspiel von kommunaler »Legislative« und Exekutive. »Meine Hoffnung auf sachorientierte Kooperation fern von Parteidenken hat sich erfüllt.« Was auch den Willen einschließt, unpopuläre Entscheidungen (Steuererhöhung) mitzutragen: Schon gar nicht habe er ein Nachkarten der Fraktionen erfahren müssen, deren Kandidaten ihm unterlegen waren.
Langecker versteht sich als Moderator
Was dem guten Arbeitsklima dienlich sein dürfte: Langecker setzt viel daran, sein Versprechen einer unabhängigen Amtsführung umzusetzen, sich als Moderator zu verstehen. Dafür steht etwa der Newsletter, mit dem er regelmäßig die Fraktionschefs informiert.
Neben den Finanzen sieht sich der Hillgärtner-Nachfolger zwei weiteren großen Herausforderungen gegenüber. Wobei das Thema Brandschutz eigentlich mit der Standortentscheidung fürs Gerätehaus Geilshausen »gegessen« sein müsste.
Ebenso das Problem Kindergartenplätze konnte bereits entschärft werden, da im Herbst eine waldkindergarten-nahe Gruppe auf dem Melmes öffnet. Theoretisch möglich sei dort ein Nebeneinander mit dem Freizeitcamp, auch wenn der Vertrag mit den Holländern zunächst einmal gekündigt wurde.
Schließlich: Wie hält er es mit der interkommunalen Kooperation? Solange der Verwaltungsverband mit Allendorf noch im Werden sei, plädiert Langecker dafür, erst mal alle öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen für Kooperationen wie jene bei der Kasse auszureizen.