22. Februar 2023, 19:37 Uhr

Straffällig gewordenen Menschen im Alltag helfen

22. Februar 2023, 19:37 Uhr
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Aus der Redaktion
Wer lange Zeit eingesperrt war , kann danach im Alltag Hilfe gebrauchen. FOTO: DPA

Wiesbaden/Frankfurt - Die Pandemie scheint vorbei, doch mit den Nachwirkungen haben nicht nur Long-Covid-Kranke zu kämpfen. Auch in der ehrenamtlichen Arbeit hat die kontaktlose Zeit Spuren hinterlassen, wie Johanna Plückhahn vom Verein Förderung der Bewährungshilfe berichtet: »Durch Corona war vieles nicht möglich, vor allem Ältere sind abgesprungen, weil sie sich von Online-Veranstaltungen abgeschreckt fühlten.« Der Verein, in dem Plückhahn hauptamtlich arbeitet, bietet straffällig gewordenen Menschen in ihrer Bewährungszeit Hilfe im Alltag und zwar in jenen Bereichen, die von der staatlichen Bewährungshilfe aus Zeitgründen nicht mit abgedeckt werden kann, etwa Begleitung bei Behördenterminen oder beim Sondieren der Post.

Eine der ehrenamtlichen Helferinnen, die sich von der Pandemie nicht hat abschrecken lassen, ist Katharina Zimmermann. Die 31-Jährige arbeitet bereits sei drei Jahren für den Verein und hilft bei der Betreuung der Kinder von Probanden oder bei der Sprachvermittlung. »Es ist eine tolle Arbeit«, sagt Zimmermann, die auch durchaus ein berufliches Interesse mitbringt. Die studierte Juristin absolviert gerade ihr Rechtsreferendariat beim Landgericht Frankfurt und sieht die Arbeit in der Bewährungshilfe als willkommene Abwechslung. »Das Jurastudium hat mir die Kreativität ausgetrieben, meine Mitarbeit in der Bewährungshilfe bringt sie mir wieder.«

Während ihres Jurastudiums im westfälischen Münster hat sie bereits ehrenamtlich in der Forensik des Strafvollzugs gearbeitet und sich gefragt: »Was kommt denn danach, wenn die Leute aus dem Gefängnis raus sind?« Als sie sich nach ihrem Umzug über Möglichkeiten der ehrenamtlichen Arbeit in Frankfurt informierte, war sie von der Förderung der Bewährungshilfe angetan.

Johanna Plückhahns Aufgabe ist es, in den Erstgesprächen mit den Interessierten auszuloten, welche Arbeit sie sich vorstellen können und mit welchen Straffälligen sie womöglich gar nicht zusammenarbeiten wollen. Alle zwei Wochen wird Plückhahn am Landgericht vorstellig, wo die Bewährungshilfe angedockt ist. Dann wird erörtert, bei welchen Probanden Hilfe notwendig ist und inwiefern sie vom Verein geleistet werden kann.

Hilfsorganisation nicht allen bekannt

Aus dem Landgericht ist zu hören, dass die Arbeit des Vereins gerne in Anspruch genommen werde und hilfreich für die Probanden sei. Dabei ist sich Plückhahn sicher, dass nicht mal alle hauptamtlichen Beschäftigten in der Bewährungshilfe über das Angebot der Hilfsorganisation informiert sind. Zuständig ist Plückhahn von ihrem Büro unweit des Hauptbahnhofs aus für ganz Südhessen.

In Frankfurt sieht es ihr zufolge mit ehrenamtlichen Freiwilligen derzeit noch ganz gut aus. Aber in Offenbach, Wiesbaden oder Darmstadt könnten nach drei Jahren Pandemie schon noch ein paar Interessierte gebraucht werden.

In Hessen gibt es derzeit rund 195 Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer, denen circa 11 000 Probandinnen und Probanden unterstellt sind. Die Fachkräfte sind den jeweiligen Landgerichten unterstellt. Die Aufgaben sind im Strafgesetzbuch und im Jugendgerichtsgesetz geregelt. In Frankfurt ist Bewährungshilfe in sechs Fachbereiche unterteilt. In der Allgemeinen Bewährungshilfe kommen auf jede der 14 Fachkräfte etwa 80 Probanden. Der Verein Förderung der Bewährungshilfe wurde 1954 gegründet. Neben einem Dutzend haupt- oder nebenamtlich Beschäftigter gibt es eine Vielzahl von Personen, die ehrenamtlich arbeiten. Weitere Freiwillige werden gesucht. Kontakt: ehren amt@fbh-ev.de. Oliver Teutsch



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