09. November 2022, 19:48 Uhr

Schätze der Polizeigeschichte

09. November 2022, 19:48 Uhr
Stolzer Chef: Eberhard Dersch, der Vorsitzende des Polizei-Motorsport-Clubs Marburg 1990, präsentiert die Ausstellungsstücke des Museums. FOTO:S EPD

- Rote Farbsprengsel am Blaulicht deuten an, dass dieses Polizeiauto schon eine Geschichte hinter sich hat. »Es gab mal einen Farbanschlag auf den Wagen«, erzählt Eberhard Dersch. Die Frontscheibe des alten Wasserwerfers ist vergittert. In seiner aktiven Zeit als Polizist habe er erlebt, dass »Leute Kopfsteinpflaster auf die Autos werfen«. Jetzt ist Dersch im Ruhestand und hat ein tolles Hobby: Er ist Vorsitzender des Polizei-Motorsport-Clubs Marburg 1990 e. V., der ehrenamtlich das 1. Deutsche Polizeioldtimer-Museum an der Kreisstraße 69 in Richtung des Stadtteils Cyriaxweimar betreibt und seit 2003 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser machte in der vergangenen Woche einen Besuch.

Hundert ausgediente Polizeiautos stehen auf dem Gelände des Vereins. Das älteste: Ein Fernmeldebetriebsbus aus dem Jahr 1951. Man musste beim Schalten Zwischengas geben, erzählt Dersch. Er führt durch die Halle und zeigt die »Schmuckstücke«: Zum Beispiel eine BMW Isetta, Baujahr 1961, 230 Kilo leicht, Höchstgeschwindigkeit 85 Kilometer pro Stunde, »Knutschkugel genannt, weil man ziemlich eng zusammensitzt«, sagt Dersch. »Der ist ja klein«, wunderte sich ein Junge, der kürzlich mit seinen Eltern durch die Autoreihen schlenderte.

Das Oldtimer-Museum hat zwischen April und Oktober einmal im Monat sonntags geöffnet. Dann kommen etwa 700 Besucherinnen und Besucher. An den Öffnungstagen bauen die Vereinsmitglieder auch etliche Autos vor den drei Hallen auf. Eine Mutter kam dieses Jahr mit ihrem kleinen Sohn auf Eberhard Dersch zu und deutet auf einen gepanzerten Mannschaftswagen. »Darf man da mal rein?« Dersch schüttelte den Kopf. Aber man darf hineinschauen. Die Mama hob den Kleinen hoch. »Alter!«, rief der bewundernd.

Besonders stolz sind die 160 Vereinsmitglieder auf die Filmeinsätze ihrer Autos. Vorsitzender Dersch listet auf: »Wir hatten gerade sechs Drehtage für die ARD-Serie ›Unsere wunderbaren Jahre‹.« Vier ihrer Fahrzeuge waren im Einsatz. Beim Kinderfilm »Lucy ist jetzt Gangster« sind fünf Oldtimer aus Marburg dabei. In »Rheingold« von Fatih Akin über den Rapper Xatar kommt ein Gefangenenbus aus dem Marburger Museum vor. Außerdem waren Autos zu sehen in »Alarm für Cobra 11«, »Der Baader Meinhof Komplex«, im Film über das Geiseldrama von Gladbeck, in »Werner - Eiskalt!« oder »Der Nanny« von Matthias Schweighöfer. Die Vereinsleute, teilweise aktive oder pensionierte Polizisten, spielen in den Filmen oft als Komparsen mit und fahren die Autos selbst.

Dersch schließt eine Halle auf, eine der Werkstätten. Vereinsmitglieder, unter ihnen ein paar Kfz-Meister im Ruhestand, restaurieren die Autos selbst. Teilweise seien die angebotenen Fahrzeuge in sehr schlechtem Zustand. Aber es sind auch wahre Schätze darunter. Gerade restaurieren sie einen Ford Taunus, »der total durchgerostet war«, früher bei der Polizei in Koblenz im Einsatz. Auch dieses Auto soll bewahrt werden für die Zukunft. Das Museum ist erst wieder am 23. April 2023 geöffnet. Weitere Infos zum Museum und Bilder vom Besuch auf www.polizeioldtimer.de. Stefanie Walter



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