21. September 2021, 20:19 Uhr

Inhalte statt Farbenspiele

Die hessische FDP- Politikerin, Bettina Stark-Watzinger, hat dieses Jahr bereits eine Abstimmung gewonnen: Im März wurde sie zur Landesvorsitzenden der Liberalen in Hessen bestimmt. Für die Bundestagswahl wirbt die 53-jährige Spitzenkandidatin jetzt mit den Themen: Dekarbonisierung, demografischer Wandel und Digitalisierung.
21. September 2021, 20:19 Uhr
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Aus der Redaktion
Ausschließen will die hessische Spitzenkandidatin der FDP, Bettina Stark-Watzinger, noch nichts, aber sie sieht starke inhaltliche Unterschiede zur SPD. ARCHIVFOTO: DPA

Werden wir das Land, das in uns steckt« steht auf dem Großplakat der hessischen FDP zur Bundestagswahl am 26. September. Abgebildet ist eine verschmitzt lächelnde Frau, die hinter dem Laptop sitzt. Es handelt sich um die Spitzenkandidatin der Liberalen im Lande, Bettina Stark-Watzinger. Die 53-jährige Diplom-Volkswirtin aus Bad Soden war vor vier Jahren über die FDP-Landesliste erstmals in den Bundestag eingezogen, doch inzwischen hat sie eine schnelle und steile politische Karriere sowohl in der Bundes- als auch der Landespartei gemacht.

Auf Linie mit Christian Lindner

Die Politikerin war bereits Vorsitzende im Finanzausschuss des Bundestags gewesen, und seit Anfang letzten Jahres ist Stark-Watzinger Parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Bundestagsfraktion. Im Mai desselben Jahres zog die Politikerin auch in das Präsidium der FDP-Bundestagspartei ein. Und in der hessischen FDP avancierte die verheiratete Mutter zweier erwachsener Töchter im März dieses Jahres als zweite Frau nach Ruth Wagner (1995 - 2005) zur Landesvorsitzenden.

Doch die Kür zur Nachfolgerin des Landeschefs Stefan Ruppert verlangte der FDP-Politikerin einiges an Geduld ab. Ursprünglich sollte Stark-Watzinger bereits im Juni 2020 an die Spitze des Landesverbands treten. Zweimal musste der Parteitag aber wegen der Corona-Pandemie verschoben werden, bis er schließlich im Frühjahr 2021 als Hybridveranstaltung stattfinden konnte. Stark-Watzinger, die der hessischen FDP schon einige Jahre als Generalsekretärin und zweimal als Vizeparteichefin gedient hatte, kam mit 91,7 Prozent auf eine große Mehrheit.

Ihre Antrittsrede in Willingen steht exemplarisch für die strikt marktwirtschaftliche Haltung Stark-Watzingers: Sie übte scharfe Kritik am Corona-Management in Land und Bund, forderte einen weitgehenden Rückzug des Staats aus der Wirtschaft, eine Reform der Unternehmenssteuern sowie der Einkommensteuer und rief aus: »Wie sozial ein Staat ist, zeigt sich nicht an der Höhe des Sozialbudgets, sondern an den Chancen, die er gibt.« Auch im aktuellen Bundestagswahlkampf liegt die Liberale aus dem Main-Taunus-Kreis ganz auf der Linie von Bundesparteichef Christian Lindner. Sie setzt sich vehement für eine Rentenreform ein, bei der künftig ein Teil der Beitragszahlungen in einen weltweiten Aktienfonds erfolgen soll, weil nur mit den so möglichen Zuwächsen trotz demografischen Wandels eine stabile Rentenzahlung möglich sei.

Im Hessischen Landtag setzt die von Fraktionschef Rene Rock geführte FDP in letzter Zeit auf eine Zusammenarbeit mit der SPD in der Opposition. Beide Parteien haben gemeinsam vor dem Staatsgerichtshof gegen das Sondervermögen der schwarz-grünen Landesregierung zur Bewältigung der Corona-Pandemie geklagt. Sie freue sich, dass sich die hessischen Sozialdemokraten für solide Finanzen einsetzten, sagt Stark-Watzinger. Dass Lindner im Bund einer Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP wenig Chancen gebe, sei dennoch wegen der starken inhaltlichen Unterschiede richtig. Finanzminister und Kanzlerkandidat Olaf Scholz agiere nach der Devise, Geld sei für alles da. Dabei habe man in den letzten Wahlperioden versäumt, notwendige Reformen anzugehen.

»Wenn man die Wahlprogramme übereinanderlegt, zeigen sich mehr Schnittmengen mit der Union«, betont die FDP-Frau. Ausschließen will sie - wiederum ganz in Übereinstimmung mit Lindner - aber auch nichts, Wichtiger als Farbenspiele seien Inhalte, die FDP kämpfe für ihre eigenen Anliegen, um so gut abzuschneiden, dass sie bei Koalitionsverhandlungen eine starke Position hätte.

Schließlich könnte es dabei auch um eine Zusammenarbeit mit den Grünen gehen, denen Stark-Watzinger vorwirft, sich vor allem über Verbote zu definieren. »Da gehen wir einen ganz anderen Weg«, betont sie. Klima sei auch ihrer Partei wichtig, doch wolle sie sei eine Mengenbegrenzung beim CO2-Ausstoß verbunden mit dem marktwirtschaftlichen Instrument des Emissionshandels. Dekarbonisierung, demografischer Wandel und Digitalisierung nennt Stark-Watzinger dann auch als ihre Hauptwahlkampfthemen. Hinzu kommt noch die Bildungspolitik, bei der das Kooperationsverbot der Länder ins Gegenteil eines Gebots der Zusammenarbeit verkehrt werden müsse.

Im Wahlkampf sind die Tage Stark-Watzingers noch stärker ausgefüllt als ohnehin schon im Spagat zwischen Berlin, Landespartei und Wohnort Bad Soden. Die gute Zusammenarbeit mit Landtagsfraktionschef Rock sei da hilfreich. Und erst recht die starke Unterstützung durch die Familie mit dem Ehemann und den beiden 23 und 25 Jahre alten Töchtern. Stark-Watzinger versucht jedenfalls locker zu bleiben und hat keine Scheu, in der »Wählbar« des Hessischen Fernsehens das Entree von Gloria Gaynors »I will survive« zu singen.



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