30. Januar 2023, 20:37 Uhr

Hassrede-Vorwurf gegen Bökel

30. Januar 2023, 20:37 Uhr
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Aus der Redaktion
Gerhard Bökel

- Die Domhöfe bewegen in Wetzlar seit Jahren die Gemüter. Es wird gestritten und demonstriert. Und nun auch, zumindest nach Ansicht aus Wiesbaden, Hass verbreitet: Zwei Äußerungen rund um das Großprojekt hat die beim Innenministerium eingerichtete Meldestelle »Hessen gegen Hetze« als Hassrede eingestuft. Eine davon stammt vom ehemaligen hessischen Innenminister Gerhard Bökel (SPD) und ist in der Wetzlarer SPD-Zeitung, den »Wetzlarer Nachrichten«, erschienen.

Im Dezember 2021 hatte Bökel sich mit dem Thema Bürgerbeteiligung in der Altstadt befasst. Zwei Sätze aus seinem Beitrag empfand die Wetzlarerin Ulrike Piehozki, die sich in deren Frühphase bei der Bürgerinitiative Marienheim engagiert hatte, als ehrverletzend und verleumdend - und meldete diese nach Wiesbaden. »Überhebliche, demokratische Prozesse ignorierende Aktivisten werden dagegen agitieren«, hatte Bökel mit Blick auf das anstehende Bürgerbeteiligungsverfahren für die Altstadt geschrieben. Und: »In ihrer Blase kennen diese Aktivisten nur ihr Weltbild und das ihrer Getreuen.«

11 820 Hinweise

Zunächst hatte Piehozki sich wegen dieser Formulierungen an den SPD-Stadtverband gewandt. Auf das Einschreiben an die Redaktion der »Wetzlarer Nachrichten« sei aber keine Reaktion erfolgt. Also kontaktierte die Wetzlarerin die Meldestelle, die kürzlich ihr dreijähriges Bestehen gefeiert hat. Und erhielt von dort die Rückmeldung: Ja, es handelt sich um »Hatespeech«, zu Deutsch also Hassrede.

Rechtliche Konsequenzen hat das nicht. Denn die Meldestelle hat in den Bökel’schen Äußerungen keine strafrechtliche Relevanz erkannt, wie aus der Einschätzung, die der Redaktion vorliegt, hervorgeht. Allerdings ist das auch nicht ihr Ansatz. Die Meldestelle ist ein niedrigschwelliges Angebot und soll bereits aktiv werden, bevor strafrechtlich relevante Dinge geäußert werden. Sie hat damit vor allem präventiven Charakter. Sie unterstützt Betroffene, analysiert Muster von »Hatespeech« und sensibilisiert für das Thema. 11 820 Hinweise hat die Meldestelle seit ihrer Gründung erhalten. Über 5000 wurden als strafbar eingestuft, 1200 Ermittlungsverfahren gestartet.

Gerhard Bökel jedenfalls bleibt gelassen und erkennt kein Problem in seiner Kolumne. »Ich bin ziemlich überrascht über die Einschätzung dieser deutlichen, aber doch akzeptablen Kritik an bestimmten Leuten.« Der Sozialdemokrat erinnert sich noch gut an die Kolumne. Kurz zuvor war aus dem Umkreis der Altstadt-BI kritisiert worden, OB Manfred Wagner (SPD) sei wegen der niedrigen Wahlbeteiligung gar kein legitimiertes Stadtoberhaupt. Wagner war in den sozialen Medien mit Blick auf die Stimmenzahl als »7431-Stimmen-OB« tituliert worden. Eine gefährliche Argumentation für die Demokratie sei das, auch das schrieb Bökel in der Kolumne. Und steht dazu: »Ich bin deshalb so deutlich geworden, weil die Aktivisten den demokratisch gewählten Oberbürgermeister und anderen die Legitimation abgesprochen haben. Wenn Menschen, die dies offen ansprechen, dafür von offizieller Stelle kritisiert werden, finde ich das nicht angemessen.« Pascal Reeber/Foto: red



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