Lollar/Friedrichsdorf - Bald wird es ernst für die Gänse auf dem Kronauer Hof in Lollar. Das traditionelle Martinsgans-Essen steht vor der Tür, und damit müssen 100 bis 150 Tiere auch auf diesem Biohof ihr Leben lassen. »Wir bekommen jeden Tag neue Bestellungen«, erzählt Daniela Bodenbender, die gemeinsam mit ihrem Mann den Hof betreibt, auf dem 600 Gänse leben. Das Fleisch geht meistens an Stammkunden, fast alles wird direkt vermarktet, Familie Bodenbender ist zufrieden. Den Preis pro Kilogramm Gans hat sie im Vergleich zum Vorjahr um einen Euro erhöht: 21,90 beträgt er.
»Die meisten Preiserhöhungen rundherum betreffen uns als Biobetrieb nicht«, erklärt sie die vergleichsweise geringe Preissteigerung. Düngemittel werde nicht gebraucht, das Futter für die Tiere selbst angebaut, und die Gänse futterten tagsüber auf der Wiese. Nur für Diesel muss mehr ausgegeben werden als früher. »Das sieht natürlich in konventionellen Betrieben anders aus«, sagt Bodenbender. »Sie müssen krasse Erhöhungen auch für Futter und Dünger verkraften.« Die Folge: Der Preisunterschied zwischen einer Biogans und einem Tier aus konventioneller Haltung ist nicht mehr so groß wie in den Vorjahren.
Auch bei weiteren Preisen gibt es zumindest eine kleine Annäherung, wie es vom Hessischen Bauernverband heißt. Zwar ist die Gans aus Polen oder Ungarn immer noch ein Schnäppchen und kostet etwa 30 bis 50 Prozent so viel wie ein deutsches Tier. Aber im Vergleich zum Vorjahr hat sich ihr Preis verdoppelt. »Die Produzenten im Ausland sind eben auch mit Kostensteigerungen konfrontiert«, sagt Verbandssprecherin Marie-Claire von Spee. Auch für deutsche Gänse muss zwar mehr bezahlt werden, aber das Plus ist mit 15 bis 20 Prozent deutlich geringer.
Nach Angaben des Bauernverbandes gibt es in Hessen keine großen Gänsemastbetriebe. Die letzten Zahlen stammen aus 2020. Damals besaß jeder der 322 Betriebe im Schnitt 44 Gänse. »Vermutlich ist die Zahl mittlerweile etwas gesunken«, meint von Spee. Denn die Gänsehalter haben neben den gestiegenen Betriebskosten ein weiteres Problem: Wegen der Vogelgrippe musste viel Geflügel getötet werden. Laut Verband waren in Europa 48 Millionen Tiere betroffen. Daher kamen weniger Gössel auf die Welt, so dass es nun weniger schlachtreife Gänse gibt.
»Dieser Markt ist eng«, bestätigt auch Bodenbender vom Biohof in Lollar, die ihre Gössel im Alter von einem Tag von einem anderen Betrieb zukauft. Anfang 2021 hätten wegen der Grippe in vielen Zuchtbetrieben Tiere getötet werden müssen, sagt sie. »Bis eine neue Zuchtherde aufgebaut ist, dauert es Jahre.« dpa