06. Februar 2023, 20:52 Uhr

Elfjähriger Junge überlebt Bootsunfall auf Lahn nicht

06. Februar 2023, 20:52 Uhr
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Aus der Redaktion
Mit diesem Boot waren der Junge und seine Begleiter gekentert. FOTO: NADINE WEIGEL)

- Auf den dramatischen Einsatz folgte in der Nacht zum Montag die traurige Nachricht: Der Elfjährige, der am Samstag bei Friedensdorf im Kreis Marburg-Biedenkopf aus einem Schlauchboot in die Lahn gefallen war, hat nicht überlebt. Das teilte die Polizei in Gießen am späten Sonntagabend mit.

Inzwischen wurde wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Männer eingeleitet, wie die Staatsanwaltschaft Marburg und die Polizei gestern berichteten. Die beiden Männer sowie der Elfjährige waren am Samstag mit dem Schlauchboot auf dem Fluss bei Dautphetal (Landkreis Marburg-Biedenkopf) unterwegs gewesen, als das Boot aus bislang unbekannten Gründen kenterte. Die Männer im Alter von 31 und 35 Jahren hätten sich aus eigener Kraft an Land retten können und seien in einem Krankenhaus behandelt worden. Den Angaben zufolge wurden die Männer nach einer Blutentnahme entlassen. Ob bei den beiden Erwachsenen - von denen nicht einer ein leibliches Elternteil ist - eventuell Alkoholkonsum eine Rolle spielt, ist noch unklar. Weitere Erkenntnisse zum Unfall erhoffen sich die Ermittler unter anderen von einer Obduktion des Jungen.

Rund 250 Rettungskräfte hatten am Samstag ab 13.30 Uhr fieberhaft nach dem Jungen gesucht, auch ein Hubschrauber war im Einsatz - das schwer zugängliche Gelände und die starke Strömung der Lahn hätten die Suche erschwert. Vier Stunden später, gegen 17.30 Uhr, zogen Einsatzkräfte das zu diesem Zeitpunkt leblose Kind nahe Buchenau aus dem Wasser.

Situation auch für Einsatzleute schwer

Ein Notarzt begann sofort mit der Reanimation, der Rettungswagen brachte den Jungen nach Gießen ins Krankenhaus. Dass die Chancen des Kindes schlecht standen, war schon bei der Rettung absehbar. »Er ist in einem kritischen Zustand«, hatte Kreisbrandmeister Stephan Schienbein noch am Unfallort zur »Oberhessischen Presse« (OP) gesagt. Die Wassertemperatur der Lahn bei Marburg liegt derzeit bei fünf Grad Celsius. Bei einer solchen Temperatur setzt nach 30 Minuten Bewusstlosigkeit ein, die Überlebenszeit wird mit bis zu 90 Minuten angegeben. Das aktuelle Hochwasser sorgt zudem für extrem hohe Fließgeschwindigkeiten, es sollen etwa 80 Meter pro Minute sein, also etwa eineinhalb Meter pro Sekunde.

Polizei: Lahn derzeit unberechenbar

Laut Polizei ist es »völlig unvernünftig«, sich bei solch einer starken Strömung in Gefahr zu begeben - zumal noch mit einem »total ungeeigneten« Transportmittel. Gerade bei Hochwasser seien Flüsse wie die Lahn unberechenbar. Auch Schienbein nannte es angesichts der Strömung lebensgefährlich. Wie Julien Krause, einer der Experten von Lahntours, Aktivreise-Anbieter aus Weimar, der »OP« sagte, sei das Gebiet rund um Dautphetal für das Wasser zudem »ein Nadelöhr«. Es gebe gute Gründe, wieso die Lahn zumindest für gewerbliche Anbieter erst ab Höhe Gießen befahrbar sei.

Für die beteiligten Retterinnen und Retter war der dramatische Einsatz sehr belastend. »Es ist für die Rettungskräfte emotional extrem herausfordernd. Wir wissen, ein Kind wird vermisst und ist in akuter Lebensgefahr. Das ist ein Wettlauf gegen die Zeit«, sagte Schienbein. Der Kriseninterventionsdienst des Landkreises war von Beginn an im Einsatz. Zum einen, um den Angehörigen beizustehen, aber auch, um die Einsatzkräfte psychosozial nachzubetreuen.

Björn Wisker und dpa



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