Biontech hat an den Marburger Behringwerken eine Herstellungsstätte für sogenannte Plasmid-DNA gebaut. Der Stoff ist ein zentrales Ausgangsmaterial für die Herstellung von mRNA-basierten Impfstoffen und Therapien sowie Zelltherapien. Das Ziel sei letztlich, in der Universitätsstadt Medikamente gegen Krebs und Infektionskrankheiten herstellen zu können. Das teilte das Unternehmen gestern während eines Betriebsstättenbesuchs von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit. Für Marburg habe man jedenfalls einen »langfristigen Entwicklungsplan«, sagte Prof. Özlem Türeci, Chief Medical Officer von Biontech.
Scholz kündigte an, den Forschungsstandort Deutschland weiter stärken zu wollen. »Wir müssen schnellere Genehmigungsverfahren für Fabriken, für neue Medikamente, für Forschungsvorhaben und auch für die Nutzung von Forschungsdaten möglich machen«, sagte der SPD-Politiker. »Da wollen wir jetzt in ganz kurzer Zeit mit vielen sehr konkreten Gesetzesvorhaben dazu beitragen, dass die Medizinindustrie und Gesundheitswirtschaft Fortschritte macht.«
Zuvor hatte sich Scholz ein Bild von der neuen Plasmid-DNA-Produktion in Marburg gemacht. Plasmide sind kleine, ringförmige DNA-Moleküle und laut Biontech ein zentrales Ausgangsmaterial für die Herstellung von mRNA-basierten Impfstoffen und Therapien.
In der Vergangenheit habe das Unternehmen Plasmid-DNA extern einkaufen müssen, was zu Corona-Beginn auch ein »limitierender Faktor« bei der Impfstoffherstellung gewesen sei, erklärte Türeci. Die in Marburg wohl Ende 2023 beginnende Eigenproduktion mache Biontech, letztlich aber ganz Deutschland und Europa »unabhängiger in der Herstellung von mRNA-Medikamenten«.
In die mittlerweile auf 700 Mitarbeiter angewachsene Produktionsstätte in Marburg wird die Biontech-Zentrale mit Sitz in Mainz nun etwa 40 Millionen Euro investieren. Marburg wird mit der Plasmid-Pipeline zum Drehkreuz für den weltweiten Einsatz dieses DNA-Typus. Aktuell habe Biontech 22 Produktkandidaten, die in 26 klinischen Studien evaluiert werden.
»Die medizinische Biotechnologie ist eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts«, sagte Bundeskanzler Scholz nach dem Werksbesuch. Er bezeichnete die Investition als »sehr gute Nachricht«. Denn was Deutschland als Standort für Innovationen und Herstellung von Medikamenten leisten könne, habe die Corona-Pandemie bewiesen. Durch den »Aufbau lokaler Wertschöpfungsketten« - wie Biontech es mit der unternehmenseigenen Plasmid-Produktion anstrebe - werde Deutschland, werde ganz Europa »resilienter«.
»Wir brauchen eine Forschungslandschaft, die wir gemeinsam mit den Ländern in Deutschland stabilisieren und weiterentwickeln müssen, damit Grundlagenforschung in Deutschland stattfinden kann, die dann die nächsten großen Erkenntnisse ermöglicht«, sagte Scholz. Das »neue Deutschland-Tempo«, das die Bundesregierung beim Bau von Pipelines und LNG-Terminals vorgelegt habe, solle auch dann gelten, wenn es um den Forschungs- und Wissenschaftsstandort Deutschland gehe.
Anlässlich des Kanzlerbesuchs hatten mehrere linke Gruppen zur Demonstration gegen die Lieferung von Panzern aufgerufen. Laut Polizei hat sich am Donnerstagnachmittag eine »niedrige zweistellige Anzahl« an Demonstranten in der Marburger Innenstadt versammelt.